zu  einer ganz normalen Rock'n'Roll Lebensgeschichte

                      

Lange, sehr lange habe ich gezögert die folgenden Zeilen niederzuschreiben. Warum?! – Nun, erstens kann ich mich nicht mehr genau erinnern, wann etwas genau stattgefunden hat. Deshalb wird das Ganze auch in Episodenform ablaufen,  - die aber wirklich und in genau der erzählten  Form ohne Übertreibung und ohne Beschönigung so abgelaufen sind. Und zweitens weil ich Angst habe, schlafende Hunde zu wecken, die mich dann durch den Fleischwolf der gerichtlichen Justiz drehen bezüglich etwaiger Beschreibungen menschlicher Abgründe diverser Künstler. Aber ich habe mir selbst auferlegt, entweder schreibe ich es so auf, wie es sich wirklich begeben hat, mit allen Namen und Fakten, oder ich lasse es bleiben. Und diese, doch teils sehr amüsanten Begebenheiten bleiben für immer und ewig in meiner alleinigen Erinnerung.
Nun, ich habe mich für ersteres entschieden, nehme das russische Roulette auf mich, in der Hoffnung, dass nichts passiert, um Euch Musikliebhabern da draußen, einige Leute aus diesem knallharten und doch chauvinistischen Geschäft von einer Seite zu zeigen, von der Ihr sie sicher nicht kennt.
 In den vergangenen 25 Jahren meines  Lebens als Musikjournalist,  ein Leben das vom Rock’n’Roll bestimmt wurde und zum Teil immer noch wird, ist sehr viel  passiert, und ich habe tausende Leute kennengelernt. Menschen an die ich mich gerne erinnere, aber auch Charaktere, die ich lieber ganz schnell wieder vergessen möchte. -  Ich habe die Bekanntschaft mit Superstars gemacht, mit Provinzmusikern, mit Drogenjunkies und  Schwer-Alkoholikern. Leute auf die ich stolz bin, ihnen über den Weg gelaufen zu sein, aber auch solche, wo ich am liebsten ungeschehen machen möchte, dass ich ihnen jemals begegnet bin.
“Sex, Drugs & Rock’n’Roll“ – ja da hatte Ian Dury vollkommen recht, als er die ultimative Hymne dieses Lifestyles kreierte. –
                                                                                       
                                                                                             
Cover anklicken für Infos über Ian
   
                                                                                      
Ich sehe ihn heute noch vor mir, in seiner riesengroßen Wohnung direkt an der Hammersmith Bridge in London auf der 4ten Etage, als er da so an dem kahlen Küchentisch mir gegenüber saß, mich mit diesen durchdringenden Augen ansah und mit erhobenen Zeigefinger sagte: „Girl be careful, - und pass gut auf dich auf, sonst wird dich dieses Business eines Tages noch umbringen. Sprachs - und wir leerten in jener Nacht  noch eine ganze Flasche Wodka, um diese Warnung zu unterstreichen.
                     
Ian Dury London 1988      
Ich erinnere mich auch noch an das überdimensional- große Schlagzeug, dass da in einer Ecke herum stand. Es war das Drumkit von Elton John das dieser Ian  eine Woche vorher zum Geburtstag geschenkt hatte. Es wirkte wie ein Juwel, das im Sonnenlicht dank sehr viel Chrom funkelte, als ob 1000 Edelsteine darin verarbeitet wären. – Zu schade um bespielt zu werden! So jedenfalls wirkte es auf mich, um im nächsten Moment nicht widerstehen zu können, mich hin zusetzen und auf die Felle einzudreschen. 'Yeahhhh, - ich habe auf Elton Johns Schlagzeug  getrommelt'. -  In jener Nacht hatte mir Ian Dury die Augen tatsächlich geöffnet über eine Scheinwelt, die vor lauter Dekatenz nur so triefte, in der man entweder das große Los zog oder gnadenlos unterging. Was anderes gab es nicht. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich das Musicbusiness bislang 4 Jahre nur am Rande erlebt anhand von etlichen Konzerten, einigen Interviews und noch mehr Parties, wahrscheinlich dank der Tatsache, dass ich wohlbehütet in den provinzialen Tälern meiner Heimat Tirol geboren und aufgewachsen war.  Klar, mit 18 hielt ich schon einmal in London auf um Sprache, Land und Leute kennen zu lernen. Musste  aber alsbald feststellen, das nicht alles Gold war  was glänzte, und kehrte reumütig wieder nach Hause zurück.

Auch noch heute eine meiner
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Nein, ich hatte in jenem Jahr nicht das von mir erhoffte High Life erlebt, hatte nicht meine beiden Heroes Roger Daltrey von The Who oder Russ Ballard kennen gelernt, obwohl ich sogar im Stadtteil  Barnet im äußersten Norden von London gewohnt hatte  und  wurde jeglicher Illusionen entledigt, derer ich mich hingegeben hatte.

Lediglich ein Konzert der Rolling Stones in ihrer ärgsten Drogenphase ist mir noch gut in Erinnerung. Allerdings waren sie da auch am besten – live in concert. Ich war mit den Beatles, den Rolling Stones, Gary Glitter, Sweet und Slade aufgewachsen. Dank meines Vater, der ebenfalls Musiker war und nach wie vor ist, -  hatte ich bereits als Kind diese faszinierende Welt des Scheins, des Trugs aber auch des Glitzers kennen gelernt. – Es war eine Illusion, und ganz oben stand John Lennon. Der einzige Musiker von dem  jemals ein Poster an der Wand meines Zimmer hing. Mein Gott habe ich geheult an dem Tag als er erschossen wurde. Überhaupt war die Auflösung der Beatles 1970 das Erste, das ich als achtjähriges Kind bewusst mitbekam und das den Grundstein zu meiner Liebe für die Musik legte. Mein allererstes Konzert besuchte ich übrigens 1976 in Innsbruck – Manfred Mann.
1984 dann „Monsters Of Rock“ Festival in Nürnberg. An diesem Tag habe ich den Heavy Metal für mich entdeckt. Und schuld daran war eine Band, die das erste Mal in Europa auftrat, und das als Opener. Paradiesvögel im wahrsten Sinn des Wortes, furchterregend und doch faszinierend zugleich brüllten sie ihr „Shout At The Devil“ hinaus.
                                                                          
Ich stand in der 3. oder 4. Reihe mit offenem Mund, absolut fasziniert und hin- und hergerissen. Beschränkten sich doch meine Vorlieben bis dahin auf Oldiebands, Hardrock Klassiker, und diverse Pop- und Discomusik der späten 70er Jahre, so tat sich hiermit ein neues Metier auf, dem ich von der ersten Sekunde an verfallen war. Ozzy Osbourne, Dio, Van Halen (noch mit David Lee Roth) und AC/DC unterstrichen diese Faszination noch um einige Akzente, auch wenn mir diese Musiker da schon länger ein Begriff waren. Mein Gott, - was für ein Festival. Bis zum heutigen Tag,- wahrscheinlich das beste Open Air Festival, auf dem ich jemals war. Es war auch der Tag an dem ich beschloss, Musikjournalist zu werden. Und der Zufall war mir hold, oder sagen wir - auch dank  Eigeninitiative -  indem er mir schon bald zu einer passenden Einstiegsmöglichkeit anhand unserer one and only - Tiroler Tageszeitung - verhalf.
Es folgten viele Konzerte in den folgenden Jahren und etliche Erlebnisse, bis ich 1988 nochmals das Handtuch warf und wieder nach London ging um dort den wirklichen, den wahren und einzigartigen Rock’n’Roll Lifestyle kennen zu lernen. Kapitel Eins: Sommer 1984 bis Sommer 1988  - die Einstiegsphase war hiermit beendet. Kapitel 2 öffnete sich. - Und den Anfang machte eben jener Ian Dury, der anno dazumal in den Endsiebzigern die Ära des britischen Punks mit begründet hatte.  Songs wie „Hit Me With Your Rhythm Stick“, - sadomaso angehaucht,  „Wake Up And Make Love With Me“ – ein Song, der den Geschlechtsakt in allen Einzelheiten beschreibt, oder eben „Sex & Drugs & Rock’n’Roll, - das non plus ultra des kompletten Genres, 
(click MP3 Logo) Songs die die konservative Gesellschaft schockierte. Interpretiert von einem kontagan- schwerstbehinderten Gesellschafts-Rebellen. -  Ich habe Ian damals einige Male besucht, habe mit ihm über die Philosophie der kommerziellen Revolte diskutiert, mir seine Ratschläge einverleibt und andächtig seinen Geschichten über Missbrauch, Oberflächlichkeit und jener Dekadenz des Musikzirkus gelauscht. Habe liebevoll das Schlagzeug gestreichelt und mir ein ums andere Mal geschworen nicht als Rocker-Groupie zu enden und schon gar nicht als Drogenopfer oder Alkoholjunkie. Das alles natürlich  bei der üblichen Flasche Wodka, die Ian auch noch, wenn sie  halbleer war, fürsorglich mit Absinth auffüllte. Oh Gott war uns schlecht. Aber wir fühlten uns zumindest bestätigt in unseren Ansichten.  Eines Tages stand ich vor Ians Tür, aber mein Klingeln verhallte ungehört. Alles klopfen und rufen half nichts und ich musste unverrichteter Dinge wieder abziehen. Strangler, so jedenfalls nannte ihn Ian, und der war so was wie ein Leibwächter Schutzengel und Mädchen für alles bei öffentlichen Auftritten, aber auch privat., teilte mir mit, dass man Ian wieder einmal wegen eines Drogencocktails zuviel, eingeliefert hatte, und das es ihm ziemlich schlecht ginge.


Ian Dury & Strangler  London 1988
Strangler, ein über 2m großer Paradiesvogel, der jeden kannte in der Szene, und umgekehrt war es genauso. Und trotzdem wusste eigentlich niemand  genau, wer er wirklich war!
Er  machte mich ursprünglich  mit Ian bekannt und nahm mich zu all den zahlreichen Rock'n'Roll Parties des Jahres 1988 mit.
Er starb übrigens noch vor Ian irgendwann Mitte der 90er Jahre. Aber keiner weiß bis heute genau die Todesursache

 – Ja, ich wollte ihn besuchen. Aber ich schaffte es irgendwie nicht. Ich weiß heute selbst nicht mehr genau warum. Wahrscheinlich hatte ich stets gehofft, dass irgendwann das Telefon läuten würde und Ian dran war und sagte, ich solle vorbei kommen, - einfach so, als ob nie was gewesen wäre. Aber das passierte nicht. – Ich habe Ian Dury nie wieder gesehen. Nach einigen Abstechern im Filmbusiness  und zwei oder drei weiteren eher erfolglosen Alben, starb Ian  am 27. April 2000 an den Folgen von Darmkrebs. In meiner Erinnerung aber lebt der kleine Revolutionär weiter, der Mann, der auf so offene, ehrliche Art und Weise die  Struktur der Rock’n’Roll Philosophie auseinander genommen , nichts beschönigt, und die Wahrheit ausgesprochen hatte, so  wie sie war ohne wenn und aber. Und wahrscheinlich haben mich genau seine  Stories und Ratschläge vor dem Schlimmsten bewahrt, - vor dem gnadenlosen Ertrinken im Rock’n’Roll Sumpf.

                                                                            Danke Ian, ich werde Dich nie vergessen!


click play für eine Aufnahme kurz vor Ians Tod

In den folgenden Anekdoten will ich nun nach und nach eben einige Begebenheiten mit verschiedenen Bands und Musikern, (noch am Leben, oder schon gestorben)  schildern, die ich genauso erlebt habe. Manche witzig und originell, einige schockierend am Rande menschlichen Abgrunds und andere wiederum eher traurig.  Nichts ist gelogen, keine Namen sind erfunden wie ich schon anfangs beschrieben habe. Ich bin mir, wie gesagt, nur nicht mehr über den exakten Zeitpunkt sicher. Deshalb kann es gut sein, dass die eine Story vor oder nach der nächsten oder vor der übernächsten passiert ist. Ich kann mich nur noch des ungefähren Jahres entsinnen. Und so  werde ich diese Begebenheiten auch in einzelne abgeschlossene Kapitel unterteilen.
Langer Rede kurzer Sinn –  heute sitze ich mit nunmehr 43 Jahren hier, gesund und munter, um viele Erfahrungen reicher, dankbar für ein äußerst abwechslungsreiches Leben und ich bin nach wie vor im Musikbusiness tätig, wenn auch nicht mehr so extensiv wie in jüngeren Jahren. Allerdings ist eines sicher: Rock’n’Roll keeps you young at heart – vorausgesetzt man hat die richtige Einstellung dazu und lebt nicht zu ungesund. –  Alles andere ergibt sich von selbst oder liegt in Gottes Hand wie man so schön sagt. - Amen!

Genauso wie Ian jetzt.  „Hey, machs besser da oben on Cloud 9 , mein Freund. Du hast es wirklich verdient.“ 
                                                                                                   
                                                                                                     
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To be continued.....