Ihr kennt das sicher. Es gibt immer wieder diese kleinen Erlebnisse zwischendurch. Nichts weltbewegendes, nicht mal was gewagtes oder skandalöses, aber etwas das einem trotzdem für immer im Gedächtnis bleibt. Eine, sagen wir eher, Nebensächlichkeit, über die man auch 10 Jahre später noch schmunzelt, wenn man sich daran erinnert.
Und genau solche kleinen Geschichten am Rande gibt es gerade im Rock’n’Roll Zirkus unzählig viele. Einige davon aus meinen Englandjahren möchte ich hier festhalten als kleine Erinnerung und zum allgemeinen Amüsement.
Wie gesagt, nichts weltbewegendes, aber vielleicht ganz lustig zu lesen.


                                                                             
1) Tequilla On The Rocks

Armored Saint – Gott sei’s getrommelt  und gepfiffen – sind wieder auferstanden von den Untoten und das fast im Original Line – up. Und sie sind auch nach wie vor up to date. Das haben sie zuletzt auf dem Bang Your Head Festival in Balingen 2006 bewiesen. Zwischenzeitlich tümpelte die Band im sein und nicht sein, irgendwo im nirgendwo, während Sänger John Bush es vorzog, lieber bei Anthrax seine stimmlichen Qualitäten unter Beweis zu stellen. Aber auch jene Formation, ich spreche von Anthrax, gehört zu denen, die es letztendlich doch wieder zum Original-Shouter zurück zog, und der Inbetween Ersatz-Jesus wurde radikal wieder abserviert. – Klar, der Mutterschoß schien nur darauf gewartet zu haben, und nahm den verlorenen Sohn mit Freude erneut auf, um umgehend eine – sogenannte Reunion zu feiern.


1990


2006

Es sei ihnen gegönnt, und anscheinend verstehen sie es ja tatsächlich fast nahtlos an jene glorreichen Zeiten von einst, genauer gesagt, den Achtziger Jahren anzuschließen. Man ist zwar älter und bedächtiger geworden, hat Haare gelassen und ist etwas rundlicher geworden. Aber der alte Glanz der ersten Phase ist immerhin halbwegs wieder mit auferstanden.
Ende des Prologs.

Wir schreiben das Jahr 1990, und Armored Saint weilen in London um ein neues Machwerk zu promoten. Genauer gesagt, waren es Gitarrist Joey Vera und Sänger John Bush, die für diese Aufgabe abkommandiert waren. Herrschaftszeiten, ich bin mir nicht mehr 100%ig sicher, um welchen Longplayer es sich dabei gehandelt hatte. Aber auch egal. Tatsache war, ich hielt wie so oft den letzten Platz in der Reihe um mit den Jungs einen gedanklich-musikalischen Wissensaustausch zu bestreiten. Und jener endete in dem Beschluss, anschließend noch ein chinesisches Restaurant in Soho aufzusuchen, um den Abend angenehm abzurunden. – Wenn ich vorher geahnt hätte, wie dieser Abstecher ausgehen würde, dann hätte ich wohl schleunigst meine sieben Zwetschgen gepackt und  das Weite gesucht, um den folgenden Peinlichkeiten zu entgehen. Mit von der Partie, ums nicht zu vergessen, was eine Dame namens Sue, vom Label Music For Nations. –  wir belegten einen drehbaren runden Tisch und ließen uns quer Beet sämtliche Leckereien kommen, die das Gourmet Herz für chinese Food begehrt. Dazu sagen muss man vielleicht noch, dass chinesische Restaurants in London, noch viel chinesischer sind, als bei uns hier. Sprich, die Gewürze kommen wirklich aus China, der Reis ist noch pappiger, und das enthaltene Gluton hält sich in Grenzen. Von der Schärfe will ich gar nicht reden. Denn die war letztendlich schuld, dass unsere gepanzerten  Heiligen mindestens zehn exotische Bierchen kippten, die, was den Alkohol und die Stammwürze betraf, um einiges mehr einfuhren, als unser europäischer Gerstensaft hier.

                                                                     
                                                                  Joey & John kurz vor Betreten des China Tempels.

Bereits in bester Stimmung und im Delirium, verlangte unsere metallische Nachtigal auch noch lautstark nach Tequilla. – Ähm.... Tequilla beim Chinesen.... da war doch was verkehrt oder?! Aber mit einem Alkoholpegel von bereits mind. 2 Promille, konnte Johnny Boy das nicht mehr eruieren und schrie sich inzwischen die Kehle heiser: „I want a goddamn Tequilla now for f.... sake“. Wild um sich schlagend kippte sein Stuhl nach hinten, und plumps sah sich Mr.Bush auf dem Teppichboden wieder, den er huldvoll küsste. – Ungewollt versteht sich. Dass er dabei noch einiges Inventar vom Tisch mit sich nach unten nahm, sei nur nebenbei bemerkt. Eine Gabel flog dabei in hohem Bogen unter den Nachbartisch, und unser Pumuckl krabbelte auf allen Vieren hinterdrein, um sich zumindest sein Esswerkzeug wieder zurück zu holen. Kaum dort angekommen, der Tisch war Gott sei Dank nicht besetzt, rammte er diesen mit so einer Wucht, dass auch der sich gefährlich um die eigene Achse drehte. Was wir anfangs noch als lustig empfanden, entwickelte sich langsam aber sicher zu einem Disaster. Und helfen ließ sich Johnny Boy nicht, brüllte weiter undefinierbares Zeugs, wedelte mit seinen Armen durch die Luft wie eine aufgescheuchte Vogelscheuche kurz vor dem Gnadenschuss. Weiter ging die Odysee am Boden zum nächsten Tisch, dessen Gäste empört das Weite suchten und sich umgehend beim Service beschwerten. Und immer wieder kreischte dazwischen Johns durchdringendes Organ:

„I want my fucking Tequilla“. -  Inzwischen war das gesamte Personal um uns herum versammelt und beschwor uns unseren Kompagnon endlich dazu zu bringen, seine Suche nach einer verloren gegangenen Gabel und einem Tequilla aufzugeben. Um’s gelinde auszudrücken, - ein Schlachtfeld könnte nicht dekorativer ausgesehen haben und mitten drin Rumpelstitzchen mit dem Essbesteck in der Hand. Herrlich! – Im nächsten Augenblick sah er sich allerdings von vier fleißig bemüßigten, chinesischen Arbeitsbienen umgeben, die ihn kurzerhand an Armen und Beinen aufhoben und straight durch die Schwingtür in Richtung Küche beförderten. Nichts wie hinterher um noch schlimmeres zu verhindern. Während Sue begonnen hatte, Stühle und Tische wieder in Position zu bringen und den Rest der Bescherung aufzuräumen, stürmten Joey und ich hinter der chinesen Invasion  her. Kaum in der Küche angekommen, trauten wir unseren Augen nicht bezüglich des Bildes für Götter, das sich uns da bot. Man hatte John eine Schürze umgebunden und wollte ihn dazu bringen, dass er  als Geschirr Abwäscher fungierte. Nur Pech, dass der Gute nicht mal mehr ein Glas halten konnte, ohne dieses nicht im nächsten Augenblick fallen zu lassen. Am Rande bemerkt sei noch, dass fast im selben Moment noch ein Turm mit mindestens 30 Tellern dran glauben musste. Aber Scherben bringen ja bekanntlich Glück.
Vereint mit allen Kräften versuchten wir mittels unserer diplomatischen Überredungskünste, den Chef der Einrichtung davon abzuhalten, doch noch die Polizei zu holen.
Fragt mich nicht mehr wie, aber irgendwie haben  wir es doch noch geschafft, John in ein Taxi zu verfrachten und zurück zum Hotel zu bringen. Die Nachwirkungen und Folgen unseres chinesischen Exzesses bekam dann letztendlich Music For Nations anhand einer saftigen Rechnung präsentiert. Leider entzieht sich die Ziffer des entstandenen Schadens  meiner Kenntnis. Eines hab’ ich mir jedenfalls geschworen, - nie wieder mit  John Bush zum Chinesen zu gehen, der dann keinen Tequilla auf der Speisekarte stehen hat. -


                                                                                       
  2) ‚Up All Night’

Erinnert Ihr Euch noch an die amerikanische Glamrock-Band
"Slaughter" , die damals, ebenfalls Ende der Achtziger Jahre auf sich aufmerksam machte, vor allem mit einem Song ‚Up All Night, - Sleep all Day.....“ usw. usw.......  Eingängige Melodien mit viel Schwung und harten Gitarren, dargeboten von ein paar hübschen langhaarigen Jungs, die vor allem von der holden Weiblichkeit angehimmelt wurden. Und das wahrscheinlich weniger wegen der musikalischen Darbietung als vielmehr dank der magnetischen Anziehungskraft maskuliner Rockstar Attraktivität.
                                                   
Okidok, so geschehen an einem Abend im August in London im legendären Marquee Club, wo Slaughter zwecks Bekanntmachung ihres neuen Teils – ‚Up All Night’ ein Stell Dich ein gaben. Und ich war auch vor Ort. Aber..... nicht allein. Ein netter Herr, ebenfalls Rockmusiker von Beruf aus deutschen Landen begleitete mich, um auch zu eruieren was es mit den Schönlingen aus Amiland so auf sich hatte. Man muss dazu sagen, dass mein Schützling hier, einer ganz anderen Stilrichtung des Rock’n’Rolls frönte, genauer definiert, war und ist es auch heute noch, der Thashmetal, den Mille Petrozza mit seinen
Kreator verfolgt. Dementsprechend könnt Ihr Euch sein äußerst misstrauisch-skeptisches Gesicht vorstellen, in Anbetracht zum bevorstehenden – Happy-go-lucky-Sound von Slaughter. Der Marquee war mehr als gut gefüllt mit schillernden Gestalten, die samt Spandex-Leggings, Paillettenlook, bunte Hair-Extensions eifrig um die Wette posten. –
                                                                      
                                                               
Mille 1990, kurz vor Konzertbeginn im Marquee - backstage


Und mitten drin, ein grimmig dreinblickender Mille im stinknormalen schwarzen Metal Outfit, der letztendlich dann als einziger wirklich heraus stach inmitten all der Karnevalskostüme. Keinen blassen Schimmer, was ich an jenem Abend anhatte. Es war mit Sicherheit kein Glamlook, aber auch kein Otto Normalverbraucher Outfit. Und ich hatte ebenfalls meine Hairextensions, so wie alle anderen. Mir gefiel er jedenfalls... ich meine der – Song .... ‚Up All Night usw usw.... Nur mit Mille im Schlepptau, konnte einem der Spaß an der Freud’ schnell verdorben werden, wie ich umgehend feststellen musste. Das Nonstop Dauergemeckere meines Thrashmetallers ging mir irgendwann fürchterlich auf den Senkel. Und zwar so sehr, dass ich ihn irgendwann beim Jackenzipfel packte und raus zog bei der Tür. Herrgott, das war kein Genuss mehr. Da verzichtete ich eher auf Slaughter, als dass ich mir das hier noch länger anhören musste. Und da ich mich doch irgendwie verantwortlich fühlte für den Knaben, zermartete ich mir das Hirn, wie man den fatal begonnenen Abend noch halbwegs gelungen zu Ende bringen könnte. – Und da war sie.... die glorreiche Idee, meinen Schützing noch zum Leicestersquare zu schleppen in Londons größte Diskothek – das Hippodrome. Es war ein Mittwoch, und Mittwochs war da immer Hardrock angesagt – die sogenannte „Wednesday Rocknight“. Ich pflegte zu jener Zeit dort regelmäßig hinzugehen. Man traf sich unter seinesgleichen, frönte seiner Lieblingsmusik und um Mitternacht trat dann immer noch – meist ein lokaler Act live auf. –

Yep, das war’s. Das würde Mille sicher gefallen, - dachte ich.....!!! Und anfangs war’s auch so. Ein nettes Plätzchen in einer Ecke auf der Balustrade, von dem aus alles überschaubar war. - Nicht so einfach in einer Diskothek, die so groß ist, dass man allein schon eine halbe Stunde benötigt um jede Ecke, Balkon-Balustrade und Bar abgegangen zu sein. Dazu ein kühles Helles Marke Carlsberg oder Heinekens und satter Sound. Eine Unterhaltung war dank der Lautstärke sowieso fast unmöglich und überaus anstrengend. Und wie Ihr Euch vielleicht vorstellen könnt, war und ist  Mille nicht unbedingt der geborene Tänzer. So verbrachten wir die nächsten zwei Stunden in trauter Zweisamkeit inmitten etlicher Rockmusik-Verfechter. – Bis.... ja bis um Mitternacht die übliche Liveshow über die Bühne gehen sollte. Und dann..... peng, aus war’s mit der guten Stimmung und mit Milles selbstzufriedenem Grinsen. Slaughter über alles... einmal mehr.- Up all night zeigte augenblicklich eine verheerende Wirkung in Form eines Luftsprungs von Mille, die ein Ziegenbock nicht formvollendeter ausführen könnte. Als sei der Teufel hinter ihm her, hechtete er in Richtung Stufen nach unten und dann nach draußen, wild

gestikulierend und fluchend wie ein alter Saufbruder. Ich hatte wieder Mühe und Not ihn einzuholen. Den Abschluss machte das nächste Cap – ab nach Hause, bzw. ins Hotel, wo wir den Rest der Nacht noch an der Bar verbrachten mit etlichen Wodkas, pur mit Eis.

Ein Jahr später befand ich mich, wie’s der Zufall will, gerade in Österreichs schöner Bundeshauptstadt Wien, um einige Verwandtenbesuche zu tätigen. Und just geigten an einem Abend Kreator auf im Rockhaus an der Floridsdorfer Brücke. – Klar musste ich dahin, und wenn’s nur war, um Mille wieder mal hallo zu sagen und um ihm noch schön verpackt eine nette Platte von Slaughter zu schenken, als kleine Erinnerung sozusagen..... – Ich gab das Päckchen einem Ordner mit der Bitte es Mille zu überreichen, damit die Überraschung etwas effektiver sein würde.                                                                       
Ich stand am Ende des Backstage Korridors und beobachtete die Szenerie aus Distanz. Gut so,..... denn im nächsten Moment segelte das gute Teil, als Wurfgeschoss missbraucht, straight in meine Richtung und verfehlte nur um Zentimeter meine Rübe. Abgesehen davon tat es der Wiedersehensfreude keinen Abbruch, und ein weiterer Abstecher an der Clubbar inklusiver lustigem Gedankenaustausch an jene Nacht in London war die Folge. Seitdem sehe ich Mille in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen bei passender Gelegenheit wieder, und immer noch ist nach wie vor das Stichwort: Slaughter - up all night..... -

Okay, und da saß ich nun in München, Jahre später, irgendwann Mitter der Neunziger, mit einem Herrn, der in etwa so alt ist wie ich, dessen Glanzzeiten längst vorbei waren, und der sich ebenfalls noch an diese Nacht im Londoner Marquee und anschließend im Hippodrome erinnert, wenn auch aus einer etwas anderen Sicht. – Mark (Slaughter) die Story ist dir gewitmet – aus bestimmten Gründen......
Hope to see you sometime again.....
                                                                 
                                                                   
Mark Slaughter 1990 - a true Sunnyboy                                                                   



                                                    
3) 5 Sterne Übernachtung inklusive


London, ebenfalls irgendwann zwischen 1989 oder 1990.
Thunder, Haus und Hof – Rock’n’Roll Kapelle der Londoner Hardrock Society. Frisch und munter, locker vom Hocker wirbelten die Fünf das örtliche Clubgeschehen auf. Und auf irgendeine Art und Weise kannte sie jeder sogar noch obendrein als die netten Jungs von nebenan, die man auch so jederzeit, und vor allem im George, dem Rock’n’Roll Pub, zwischen Astoria und Boderline am Charing Cross Road antraf. Nein, man sah in ihnen auf keinen Fall die Rockstars, die sich im Glanz des Erfolgs ihrer Lp „Backstreet Symphony“ sonnten und feiern ließen.


Thunder 1990 - Poser vor dem Herrn.....

Vor allem waren es zwei, die man immer wieder an irgendeiner Bar antraf, und mit denen es sich gut plauschen ließ. Gitarrist Luke Morley zum einen, der als ewiger Junggeselle nichts anbrennen ließ, wenn sich etwas passendes anbot. Und dann war da Drummer Harry James, der ewige Clown, der Band. Beide nicht gerade mit der Schönheit von Valentino oder Robert Redford gesegnet, so hatten sie doch  einen gewissen Charme, dem man sich nur schwer entziehen konnte. Und am besten unterhielt man sich mit ihnen über alles anderes als über Musik. Dann konnte es auch richtig lustig werden. Nein, privaten Draht hatte ich keinen zu den Beiden, aber man traf sich einfach irgendwo, irgendwann, rein per Zufall, - und hatte eine richtig gute Zeit. -
Langer Rede kurzer Sinn... irgendwann ergab sich wieder einmal so ein Abend im George, der feuchtfröhlich begann und dann im Astoria bei der Friday Rocknight fortgesetzt wurde. Rocken, tanzen was das Zeug hielt und selbstredend viel guter Geist aus der Flasche. Und das inmitten der kompletten Rock’n’Roll Gesellschaft Londons. Da drüben stand Steve Harris von Iron Maiden, und in der anderen Ecke lungerte Mick Box von Uriah Heep. Nichts außergewöhnliches für London damals. Und kein Fan fragte nach einem Autogramm oder behandelte die anwesenden Rockstars als etwas besonderes.Und ich glaube, diesen Umstand genossen jene auch. 

Ich war missgelaunt an jenem Tag, da mir die Plattenfirma ein Interview mit
John Waite verweigert hatte, der just an diesem Tag in London weilte. Meine Miene erhellte sich aber augenblicklich, als ich vor dem Eingang des Rocktempels Astoria just jenen Softirocker, sprich John Waite erblickte, der ebenfalls einen Besuch dieser Einrichtung in Erwägung zu ziehen schien.     (deutsche Fansite)
Ach ja, ich war nicht allein da. Freundin Alex leistete mir Gesellschaft, um nicht doof allein rum zu stehen. Und es war genau Alex, die nichts besseres zu tun hatte, als schnurstracks auf Mr.Waite zuzurennen und ihm vorwurfsvoll zu unterbreiten, wie entäuscht ich gewesen wäre wegen des abgesagten Presse Dates. Der wiederum fühlte sich im ersten Moment so überrumpelt, dass er nicht mehr schnallte wo gestern und übermorgen war. Um dann umgehend mittels eines Geistesblitzes,  auf mich zu zu schießen, mich zu umarmen und irgendwas von  Terminproblemen zu faseln, und ob ich denn nicht mit nach Mailand fliegen wolle. Kaum gesagt, ging er vor mir in die Knie und küsste den Boden. Kein Scheiß, aber um’s auf den Punkt zu bringen, der Weichspüler Fuzzi war so was von dicht, dass er überall woanders hin gehörte, aber nicht hier her. Alex und ich nahmen in unter beide Armen und richteten ihn halbwegs wieder auf, nur damit er im nächsten Moment wieder einknickte und nebenbei noch einen Teil seines Abendessens oder was auch immer, von sich gab. – Mahlzeit. Alex und ich sahen uns hilflos an und machten uns förmlich in die Hosen, was wir jetzt mit Mr. Bad English meets The Babys und himself anfangen sollten. Gott sei Dank erübrigte sich dieses Problem  kurz drauf als  ein Typ aus dem Nichts auftauchte, der sich als Minder und rechte Hand von John Waite ausgab. – Aber wer jetzt gedacht hatte, diese halblebendige Mumie würde sich  ins nächste Taxi und ab ins Hotel verdünnisieren, hatte sich getäuscht. Nein, der Gute richtete sich wieder auf und wankte mehr recht als schlecht auf den Eingang zum Club zu, um seiner Konstitution noch eines drauf zu setzen.
Komplett weggetreten stand er später in einer Ecke, versuchte die dröhnende Musik noch halbwegs im Rhythmus mitzuwippen und bekam von der restlichen Umwelt eigentlich so gut wie nichts mehr mit. Und so überließen wir den Schmuserocker seinem Schicksal.       
 Uns brauchte er mit Sicherheit nicht mehr. Und wenn, dann war sein Aufpasser zur Stelle. Obwohl, der war auch irgendwo verschwunden.

                                                                                                                                      
John Waite, nimmer ganz nüchtern.... >>>

Die Nacht verstrich, und es musste so in etwa 4 Uhr morgens gewesen sein, als ich beschloss endlich in Richtung Travalger Square zu pilgern, um meinen Nachtbus nach Hause zu erwischen. Alex war schon früher abgedampft. Ich trat ins Freie, und stolperte fast über, na wen schon? – John Waite, der jetzt total zugedröhnt auf den Stufen des Astorias saß, den Kopf zwischen die Knie gesteckt und so gut wie bewegungslos. – Verdammt noch mal, wo war denn dieser andere Heini, der nach ihm schauen sollte? Ich hätte ihn jetzt einfach so hier sitzen lassen können. War das mein Problem? Nein, ganz sicher nicht. Trotzdem konnte ich ihn nicht einfach hier sitzen lassen. Von seinem vermeintlichen Schutzengel wusste ich, dass sie im Hilton logierten. Also hielt ich kurzerhand ein Taxi an, gab dem Fahrer einen 10 Pfund Schein, bat ihn, mir zu helfen, dieses menschliche Wrack ein zuladen und beim Hotel abzuliefern. Mitgekriegt hat John Waite das Ganze nur mehr am Rande. – 

Fazit, meine zehn Pfund hab ich nie wieder gesehen und John bis zum heutigen Tag auch nicht mehr. Aber damals war ich einfach nur erleichtert, ihn noch irgendwie versorgt zu haben. Warum ich das alles getan hatte? Vielleicht für ein verhindertes Interview, dass ich nie bekommen hatte, - als kleines Dankeschön, - wenn man es mal zynisch sieht.... ?!!! Fragt mich lieber nicht. Vielleicht ist es nur meine menschliche Nächstenhilfe-Ader. Denn eines müsst Ihr mir glauben, ob das jetzt der Kaiser von China gewesen war oder ein Penner aus dem Hydepark, war mir in jenem Augenblick so ziemlich scheißegal.
Und auf halben Weg zum Travalgar Square traf ich dann Harry James von Thunder, ebenfalls sichtlich angeheitert und in bester Laune. Und er strebte  ebenfalls den Weg zur Haupthaltestelle aller Londoner Nachtbusse an. Und somit schließt sich der Kreis wieder zum eingangs erzähltem Prolog in Bezug auf Thunder.
Harry hatte  eine Flasche Jack Daniels unter dem Arm geklemmt, die noch gut halbvoll war. Ende vom Lied war, dass sie leer war, als wir am Travalgar  ankamen.  Und zu allem Überfluss herrschte dort gähnende Leere. Kein Bus weit und breit, kein Gar nichts. Und langsam fühlte ich mich ungefähr so, wie John Waite sich gefühlt haben musste vor dem Astoria oben. Ich hielt mich nur noch notdürftig an Harry fest, der einen Kopf kleiner als ich, verzweifelt versuchte, mein Gewicht abzufangen. Armer Kerli! Wir schafften es nur noch ein paar Meter weiter bis zu einer Ecke wo in einer Einfahrt einige Pappkartons vor sich hin gammelten. Dort ließen wir uns nieder und rollten uns in die Dinger ein, - sehr exklusiv, äußerst (un)bequem und fast vergleichbar mit einem 5 Sterne Hotel, - fast. Aber ich glaube, in dem Moment wäre uns alles recht gewesen, - einfach nur hinlegen und wegtreten. Und Harry fing fast augenblicklich so ungeheuerlich zu schnarchen an, dass man den Eindruck erhielt, der Gute wolle einen ganzen Wald absäbeln. Leider war es genau das, was einige fürsorgliche Ordnungshüter, sogenannte Bobbys auf uns aufmerksam machte.  Fazit war, dass wir unsere Pappkarton-Nachtstätte, unsanft geweckt, schon bald  mit einer Suite namens Ausnüchterungszelle auf dem nächsten Polizeirevier vertauschen mussten. Am nächsten Mittag durften wir wieder auschecken und kamen dabei mit einer Verwarnung noch relativ glimpflich davon.... Harry zuckte zum Abschied  die Schultern und meinte lapidar, mit dem Kopf auf eine Schnapswerbung auf einer Litfasssäule nickend:  it’s only Rock’n’Roll, - ain’t it?!!!!!
                                                                 
                           
      Harry James 2005 - aber ehrlich gestanden hat er sich seit damals nicht viel verändert.....

                                                                                   

                                                                                                 
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