Ihr kennt das sicher. Es gibt
immer wieder diese kleinen Erlebnisse zwischendurch. Nichts
weltbewegendes, nicht mal was gewagtes oder skandalöses, aber etwas das
einem trotzdem für immer im Gedächtnis bleibt. Eine, sagen wir eher,
Nebensächlichkeit, über die man auch 10 Jahre später noch schmunzelt,
wenn man sich daran erinnert.
Und genau solche kleinen Geschichten am Rande gibt es gerade im
Rock’n’Roll Zirkus unzählig viele. Einige davon aus meinen
Englandjahren möchte ich hier festhalten als kleine Erinnerung und zum
allgemeinen Amüsement.
Wie gesagt, nichts weltbewegendes, aber vielleicht ganz lustig zu lesen.
1) Tequilla On The Rocks
Armored Saint – Gott sei’s getrommelt
und gepfiffen – sind wieder auferstanden von den Untoten und
das fast im Original Line – up. Und sie sind auch nach wie vor up to
date. Das haben sie zuletzt auf dem Bang Your Head Festival in Balingen
2006 bewiesen. Zwischenzeitlich tümpelte die Band im sein und nicht
sein, irgendwo im nirgendwo, während Sänger John Bush es vorzog,
lieber bei Anthrax seine stimmlichen Qualitäten unter Beweis zu
stellen. Aber auch jene Formation, ich spreche von Anthrax, gehört zu denen, die es letztendlich doch
wieder zum Original-Shouter zurück zog, und der Inbetween Ersatz-Jesus wurde radikal wieder abserviert. – Klar, der Mutterschoß
schien nur darauf gewartet zu haben, und nahm den verlorenen Sohn mit
Freude erneut auf, um umgehend eine – sogenannte Reunion zu
feiern.
1990
|
2006
|
Es sei ihnen gegönnt,
und anscheinend verstehen sie es ja tatsächlich fast nahtlos an jene
glorreichen Zeiten von einst, genauer gesagt, den Achtziger Jahren
anzuschließen. Man ist zwar älter und bedächtiger geworden, hat Haare
gelassen und ist etwas rundlicher geworden. Aber der alte Glanz der ersten
Phase ist immerhin halbwegs wieder mit auferstanden.
Ende des Prologs.
Wir schreiben das Jahr 1990, und Armored Saint weilen in London um ein
neues Machwerk zu promoten. Genauer gesagt, waren es Gitarrist
Joey
Vera
und
Sänger John
Bush, die für diese Aufgabe abkommandiert waren. Herrschaftszeiten, ich
bin mir nicht mehr 100%ig sicher, um welchen Longplayer es sich dabei
gehandelt hatte. Aber auch egal. Tatsache war, ich hielt wie so oft den letzten
Platz in der Reihe um mit den Jungs einen gedanklich-musikalischen
Wissensaustausch zu bestreiten. Und jener endete in dem Beschluss,
anschließend noch ein chinesisches Restaurant in Soho aufzusuchen, um den
Abend angenehm abzurunden. – Wenn ich vorher geahnt hätte, wie dieser
Abstecher ausgehen würde, dann hätte ich wohl schleunigst meine sieben
Zwetschgen gepackt und das Weite gesucht, um den folgenden
Peinlichkeiten zu entgehen. Mit von der Partie, ums nicht zu vergessen,
was eine Dame namens Sue, vom Label Music For Nations. – wir belegten einen drehbaren runden Tisch und ließen uns
quer Beet sämtliche Leckereien kommen, die das Gourmet Herz für chinese
Food begehrt. Dazu sagen muss man vielleicht noch, dass chinesische
Restaurants in London, noch viel chinesischer sind, als bei uns hier.
Sprich, die Gewürze kommen wirklich aus China, der Reis ist noch
pappiger, und das enthaltene Gluton hält sich in Grenzen. Von der Schärfe
will ich gar nicht reden. Denn die war letztendlich schuld, dass unsere
gepanzerten Heiligen mindestens zehn exotische Bierchen kippten, die, was
den Alkohol und die Stammwürze betraf, um einiges mehr einfuhren, als
unser europäischer Gerstensaft hier.
Joey
& John kurz vor Betreten des China Tempels.
Bereits in bester Stimmung und im Delirium, verlangte unsere metallische
Nachtigal auch noch lautstark nach Tequilla. – Ähm.... Tequilla
beim Chinesen.... da war doch was verkehrt oder?! Aber mit einem
Alkoholpegel von bereits mind. 2 Promille, konnte Johnny Boy das nicht
mehr eruieren und schrie sich inzwischen die Kehle heiser: „I want a
goddamn Tequilla now for f.... sake“. Wild um sich schlagend kippte sein
Stuhl nach hinten, und plumps sah sich Mr.Bush auf dem Teppichboden
wieder, den er huldvoll küsste. – Ungewollt versteht sich. Dass er
dabei noch einiges Inventar vom Tisch mit sich nach unten nahm, sei nur
nebenbei bemerkt. Eine Gabel flog dabei in hohem Bogen unter den
Nachbartisch, und unser Pumuckl krabbelte auf allen Vieren hinterdrein, um
sich zumindest sein Esswerkzeug wieder zurück zu holen. Kaum dort
angekommen, der Tisch war Gott sei Dank nicht besetzt, rammte er diesen
mit so einer Wucht, dass auch der sich gefährlich um die eigene Achse
drehte. Was wir anfangs noch als lustig empfanden, entwickelte sich
langsam aber sicher zu einem Disaster. Und helfen ließ sich Johnny Boy
nicht, brüllte weiter undefinierbares Zeugs, wedelte mit seinen Armen
durch die Luft wie eine aufgescheuchte Vogelscheuche kurz vor dem
Gnadenschuss. Weiter ging die Odysee am Boden zum nächsten Tisch, dessen
Gäste empört das Weite suchten und sich umgehend beim Service
beschwerten. Und immer wieder kreischte dazwischen Johns durchdringendes
Organ:
„I want my fucking Tequilla“. - Inzwischen
war das gesamte Personal um uns herum versammelt und beschwor uns unseren
Kompagnon endlich dazu zu bringen, seine Suche nach einer verloren
gegangenen Gabel und einem Tequilla aufzugeben. Um’s gelinde auszudrücken,
- ein Schlachtfeld könnte nicht dekorativer ausgesehen haben und mitten drin
Rumpelstitzchen mit dem Essbesteck in der Hand. Herrlich! – Im nächsten
Augenblick sah er sich allerdings von vier fleißig bemüßigten, chinesischen
Arbeitsbienen umgeben, die ihn kurzerhand an Armen und Beinen aufhoben und
straight durch die Schwingtür in Richtung Küche beförderten. Nichts wie
hinterher um noch schlimmeres zu verhindern. Während Sue begonnen hatte,
Stühle und Tische wieder in Position zu bringen und den Rest der
Bescherung aufzuräumen, stürmten Joey und ich hinter der chinesen
Invasion her. Kaum in
der Küche angekommen, trauten wir unseren Augen nicht bezüglich des Bildes für Götter, das sich uns da bot. Man hatte John eine Schürze
umgebunden und wollte ihn dazu bringen, dass er als Geschirr Abwäscher
fungierte. Nur Pech, dass der Gute nicht mal mehr ein Glas halten konnte,
ohne dieses nicht im nächsten Augenblick fallen zu lassen. Am Rande bemerkt sei
noch, dass fast im selben Moment noch ein Turm mit mindestens 30 Tellern
dran glauben musste. Aber Scherben bringen ja bekanntlich Glück.
Vereint mit allen Kräften versuchten wir mittels unserer diplomatischen
Überredungskünste, den Chef der Einrichtung davon abzuhalten, doch noch
die Polizei zu holen.
Fragt mich nicht mehr wie, aber irgendwie haben wir es doch noch geschafft, John in ein Taxi zu verfrachten
und zurück zum Hotel zu bringen. Die Nachwirkungen und Folgen unseres
chinesischen Exzesses bekam dann letztendlich Music For Nations anhand
einer saftigen Rechnung präsentiert. Leider entzieht sich die Ziffer des
entstandenen Schadens meiner
Kenntnis. Eines hab’ ich mir jedenfalls geschworen, - nie wieder mit John Bush zum Chinesen zu gehen, der dann keinen Tequilla auf
der Speisekarte stehen hat. -
2)
‚Up All Night’
Erinnert Ihr Euch noch an die amerikanische Glamrock-Band "Slaughter"
, die damals,
ebenfalls Ende der Achtziger Jahre auf sich aufmerksam machte, vor allem
mit einem Song ‚Up All Night, - Sleep all Day.....“ usw. usw.......
Eingängige Melodien mit viel Schwung und harten Gitarren,
dargeboten von ein paar hübschen langhaarigen Jungs, die vor allem von
der holden Weiblichkeit angehimmelt wurden. Und das wahrscheinlich weniger
wegen der musikalischen Darbietung als vielmehr dank der magnetischen
Anziehungskraft maskuliner Rockstar Attraktivität.
Okidok, so geschehen an einem Abend im August in London im legendären
Marquee Club, wo Slaughter zwecks Bekanntmachung ihres neuen Teils –
‚Up All Night’ ein Stell Dich ein gaben. Und ich war auch vor Ort.
Aber..... nicht allein. Ein netter Herr, ebenfalls Rockmusiker von Beruf
aus deutschen Landen begleitete mich, um auch zu eruieren was es mit
den Schönlingen aus Amiland so auf sich hatte. Man muss dazu sagen, dass
mein Schützling hier, einer ganz anderen Stilrichtung des
Rock’n’Rolls frönte, genauer definiert, war und ist es auch heute
noch, der Thashmetal, den Mille Petrozza mit seinen Kreator verfolgt.
Dementsprechend könnt Ihr Euch sein äußerst misstrauisch-skeptisches
Gesicht vorstellen, in Anbetracht zum bevorstehenden –
Happy-go-lucky-Sound von Slaughter. Der Marquee war mehr als gut gefüllt
mit schillernden Gestalten, die samt Spandex-Leggings, Paillettenlook,
bunte Hair-Extensions eifrig um die Wette posten. –
Mille
1990, kurz vor Konzertbeginn im Marquee - backstage
Und mitten drin, ein grimmig dreinblickender Mille im stinknormalen
schwarzen Metal Outfit, der letztendlich dann als einziger wirklich heraus
stach inmitten all der Karnevalskostüme. Keinen blassen Schimmer, was ich
an jenem Abend anhatte. Es war mit Sicherheit kein Glamlook, aber auch
kein Otto Normalverbraucher Outfit. Und ich hatte ebenfalls meine
Hairextensions, so wie alle anderen. Mir gefiel er jedenfalls... ich meine
der – Song .... ‚Up
All Night usw usw.... Nur mit Mille im Schlepptau, konnte einem der
Spaß an der Freud’ schnell verdorben werden, wie ich umgehend
feststellen musste. Das Nonstop Dauergemeckere meines Thrashmetallers ging
mir irgendwann fürchterlich auf den Senkel. Und zwar so sehr, dass ich
ihn irgendwann beim Jackenzipfel packte und raus zog bei der Tür.
Herrgott, das war kein Genuss mehr. Da verzichtete ich eher auf Slaughter,
als dass ich mir das hier noch länger anhören musste. Und da ich mich
doch irgendwie verantwortlich fühlte für den Knaben, zermartete ich mir
das Hirn, wie man den fatal begonnenen Abend noch halbwegs gelungen zu
Ende bringen könnte. – Und da war sie.... die glorreiche Idee, meinen
Schützing noch zum Leicestersquare zu schleppen in Londons größte
Diskothek – das Hippodrome. Es war ein Mittwoch, und Mittwochs war da immer Hardrock angesagt – die sogenannte „Wednesday Rocknight“. Ich
pflegte zu jener Zeit dort regelmäßig hinzugehen. Man traf sich unter
seinesgleichen, frönte seiner Lieblingsmusik und um Mitternacht trat dann
immer noch – meist ein lokaler Act live auf. –
Yep, das war’s. Das würde
Mille sicher gefallen, - dachte ich.....!!! Und anfangs war’s auch
so. Ein nettes Plätzchen in einer Ecke auf der Balustrade, von dem
aus alles überschaubar war. - Nicht so einfach in einer Diskothek,
die so groß ist, dass man allein schon eine halbe Stunde benötigt
um jede Ecke, Balkon-Balustrade und Bar abgegangen zu sein. Dazu ein kühles
Helles Marke Carlsberg oder Heinekens und satter Sound. Eine
Unterhaltung war dank der Lautstärke sowieso fast unmöglich und überaus
anstrengend. Und wie Ihr Euch vielleicht vorstellen könnt, war und
ist Mille nicht
unbedingt der geborene Tänzer. So verbrachten wir die nächsten
zwei Stunden in trauter Zweisamkeit inmitten etlicher
Rockmusik-Verfechter. – Bis.... ja bis um Mitternacht die übliche
Liveshow über die Bühne gehen sollte. Und dann..... peng, aus
war’s mit der guten Stimmung und mit Milles selbstzufriedenem Grinsen.
Slaughter über alles... einmal mehr.- Up all night zeigte
augenblicklich eine verheerende Wirkung in Form eines Luftsprungs
von Mille, die ein Ziegenbock nicht formvollendeter ausführen könnte.
Als sei der Teufel hinter ihm her, hechtete er in Richtung
Stufen nach unten und dann nach draußen, wild |
|
gestikulierend und fluchend
wie ein alter Saufbruder. Ich hatte wieder Mühe und Not ihn einzuholen.
Den Abschluss machte das nächste Cap – ab nach Hause, bzw. ins Hotel,
wo wir den Rest der Nacht noch an der Bar verbrachten mit etlichen Wodkas,
pur mit Eis.
|
Ein Jahr später befand ich
mich, wie’s der Zufall will, gerade in Österreichs schöner
Bundeshauptstadt Wien, um einige Verwandtenbesuche zu tätigen. Und
just geigten an einem Abend Kreator auf im Rockhaus an der
Floridsdorfer Brücke. – Klar musste ich dahin, und wenn’s nur
war, um Mille wieder mal hallo zu sagen und um ihm noch schön
verpackt eine nette Platte von Slaughter zu schenken, als kleine
Erinnerung sozusagen..... – Ich gab das Päckchen einem Ordner mit
der Bitte es Mille zu überreichen, damit die Überraschung etwas
effektiver sein würde.
Ich stand am Ende des Backstage Korridors und beobachtete die
Szenerie aus Distanz. Gut so,..... denn im nächsten Moment segelte
das gute Teil, als Wurfgeschoss missbraucht, straight in meine
Richtung und verfehlte nur um Zentimeter meine Rübe. Abgesehen
davon tat es der Wiedersehensfreude keinen Abbruch, und ein weiterer
Abstecher an der Clubbar inklusiver lustigem Gedankenaustausch an
jene Nacht in London war die Folge. Seitdem sehe ich Mille in mehr
oder weniger regelmäßigen Abständen bei passender Gelegenheit
wieder, und immer noch ist nach wie vor das Stichwort: Slaughter -
up all night..... - |
Okay, und da saß ich nun in München,
Jahre später, irgendwann Mitter der Neunziger, mit einem Herrn, der in etwa so alt
ist wie ich, dessen
Glanzzeiten längst vorbei waren, und der sich ebenfalls noch an diese
Nacht im Londoner Marquee und anschließend im Hippodrome erinnert, wenn
auch aus einer etwas anderen Sicht. – Mark (Slaughter) die Story ist dir
gewitmet – aus bestimmten Gründen......
Hope to see you
sometime again.....
Mark
Slaughter 1990 - a true Sunnyboy
3) 5 Sterne Übernachtung
inklusive
London, ebenfalls irgendwann zwischen 1989 oder 1990.
Thunder, Haus und
Hof – Rock’n’Roll Kapelle der Londoner Hardrock Society. Frisch und
munter, locker vom Hocker wirbelten die Fünf das örtliche Clubgeschehen
auf. Und auf irgendeine Art und Weise kannte sie jeder sogar noch
obendrein als die netten
Jungs von nebenan, die man auch so jederzeit, und vor allem im George, dem
Rock’n’Roll Pub, zwischen Astoria und Boderline am Charing Cross Road
antraf. Nein, man sah in ihnen auf keinen Fall die Rockstars, die sich im
Glanz des Erfolgs ihrer Lp „Backstreet Symphony“ sonnten und feiern
ließen.
|
Thunder
1990 - Poser vor dem Herrn.....
|
|
Vor allem waren es zwei, die man immer wieder an irgendeiner Bar antraf,
und mit denen es sich gut plauschen ließ. Gitarrist Luke Morley zum
einen, der als ewiger Junggeselle nichts anbrennen ließ, wenn sich
etwas passendes anbot. Und dann war da Drummer Harry James, der ewige
Clown, der Band. Beide nicht gerade mit der Schönheit von Valentino oder
Robert Redford gesegnet, so hatten sie doch einen gewissen Charme,
dem man sich nur schwer entziehen konnte. Und am besten unterhielt man
sich mit ihnen über alles anderes als über Musik. Dann konnte es auch
richtig lustig werden. Nein, privaten Draht hatte ich keinen zu den
Beiden, aber man traf sich einfach irgendwo, irgendwann, rein per Zufall,
- und hatte eine richtig gute Zeit. -
Langer Rede kurzer Sinn... irgendwann ergab sich wieder einmal so ein
Abend im George, der feuchtfröhlich begann und dann im Astoria bei der
Friday Rocknight fortgesetzt wurde. Rocken, tanzen was das Zeug hielt und
selbstredend viel guter Geist aus der Flasche. Und das inmitten der
kompletten Rock’n’Roll Gesellschaft Londons. Da drüben stand Steve Harris
von Iron Maiden, und in der anderen Ecke lungerte Mick Box von Uriah Heep.
Nichts außergewöhnliches für London damals. Und kein Fan fragte nach
einem Autogramm oder behandelte die anwesenden Rockstars als etwas
besonderes.Und ich glaube, diesen Umstand genossen jene auch.
Ich war missgelaunt an jenem Tag, da mir die Plattenfirma ein Interview
mit
John Waite
verweigert hatte, der just an diesem Tag in London weilte.
Meine Miene erhellte sich aber augenblicklich, als ich vor dem Eingang des
Rocktempels Astoria just jenen Softirocker, sprich John Waite erblickte,
der ebenfalls einen Besuch dieser Einrichtung in Erwägung zu ziehen
schien. (deutsche
Fansite)
Ach ja, ich war nicht allein da. Freundin Alex leistete mir Gesellschaft, um nicht
doof allein rum zu stehen. Und es war genau Alex, die nichts besseres zu
tun hatte, als schnurstracks auf Mr.Waite zuzurennen und ihm vorwurfsvoll
zu unterbreiten, wie entäuscht ich gewesen wäre wegen des abgesagten Presse
Dates. Der wiederum fühlte sich im ersten Moment so überrumpelt, dass er
nicht mehr schnallte wo gestern und übermorgen war. Um dann umgehend mittels eines
Geistesblitzes, auf mich zu zu schießen, mich zu umarmen und
irgendwas von Terminproblemen zu faseln, und ob ich denn nicht mit nach
Mailand fliegen wolle. Kaum gesagt, ging er vor mir in die Knie und küsste
den Boden. Kein Scheiß, aber um’s auf den Punkt zu bringen, der Weichspüler
Fuzzi war so was von dicht, dass er überall woanders hin gehörte, aber
nicht hier her. Alex und ich nahmen in unter beide Armen und richteten ihn
halbwegs wieder auf, nur damit er im nächsten Moment wieder einknickte
und nebenbei noch einen Teil seines Abendessens oder was auch immer, von sich gab. –
Mahlzeit. Alex und ich sahen uns hilflos an und
machten uns förmlich in die Hosen, was wir jetzt mit Mr. Bad English
meets The Babys und himself anfangen sollten. Gott sei Dank erübrigte
sich dieses Problem kurz
drauf als ein Typ aus dem Nichts auftauchte, der sich als Minder und
rechte Hand von John Waite ausgab. – Aber wer jetzt gedacht hatte, diese
halblebendige Mumie würde sich ins nächste Taxi und ab ins Hotel
verdünnisieren, hatte sich getäuscht. Nein, der Gute richtete sich
wieder auf und wankte mehr recht als schlecht auf den Eingang zum Club zu,
um seiner Konstitution noch eines drauf zu setzen.
Komplett weggetreten stand er später in einer Ecke, versuchte die dröhnende
Musik noch halbwegs im Rhythmus mitzuwippen und bekam von der restlichen
Umwelt eigentlich so gut wie nichts mehr mit. Und so überließen wir den
Schmuserocker seinem Schicksal.
Uns brauchte er mit Sicherheit nicht mehr. Und wenn, dann war sein
Aufpasser zur Stelle. Obwohl, der war auch irgendwo verschwunden.
John Waite,
nimmer ganz nüchtern.... >>>
Die Nacht verstrich, und es musste so in etwa 4 Uhr morgens gewesen
sein, als ich beschloss endlich in Richtung Travalger Square zu pilgern,
um meinen Nachtbus nach Hause zu erwischen. Alex war schon früher
abgedampft. Ich trat ins Freie, und stolperte fast über, na wen schon?
– John Waite, der jetzt total zugedröhnt auf den Stufen des Astorias saß,
den Kopf zwischen die Knie gesteckt und so gut wie bewegungslos. –
Verdammt noch mal, wo war denn dieser andere Heini, der nach ihm schauen
sollte? Ich hätte ihn jetzt einfach so hier sitzen lassen können. War
das mein Problem? Nein, ganz sicher nicht. Trotzdem konnte ich ihn nicht
einfach hier sitzen lassen. Von seinem vermeintlichen Schutzengel wusste
ich, dass sie im Hilton logierten. Also hielt ich kurzerhand ein Taxi an,
gab dem Fahrer einen 10 Pfund Schein, bat ihn, mir zu helfen, dieses
menschliche Wrack ein zuladen und beim Hotel abzuliefern. Mitgekriegt hat
John Waite das Ganze nur mehr am Rande. –
Fazit, meine zehn Pfund hab
ich nie wieder gesehen und John bis zum heutigen Tag auch nicht mehr. Aber damals war ich einfach nur erleichtert, ihn noch irgendwie versorgt
zu haben. Warum ich das alles getan hatte? Vielleicht für ein
verhindertes Interview, dass ich nie bekommen hatte, - als kleines
Dankeschön, - wenn man es mal zynisch sieht.... ?!!! Fragt mich lieber
nicht. Vielleicht ist es nur meine menschliche Nächstenhilfe-Ader. Denn
eines müsst Ihr mir glauben, ob das jetzt der Kaiser von China gewesen
war oder ein Penner aus dem Hydepark, war mir in jenem Augenblick so
ziemlich scheißegal.
Und auf halben Weg zum Travalgar Square traf ich dann Harry James von
Thunder, ebenfalls sichtlich angeheitert und in bester Laune. Und er
strebte ebenfalls den Weg zur Haupthaltestelle aller Londoner
Nachtbusse an. Und somit schließt sich der Kreis wieder zum eingangs erzähltem
Prolog in Bezug auf Thunder.
Harry hatte eine Flasche Jack Daniels unter dem Arm geklemmt, die noch
gut halbvoll war. Ende vom Lied war, dass sie leer war, als wir am
Travalgar ankamen. Und
zu allem Überfluss herrschte dort gähnende Leere. Kein Bus weit und breit, kein
Gar nichts. Und langsam fühlte ich mich ungefähr so, wie John Waite
sich gefühlt haben musste vor dem Astoria oben. Ich hielt mich nur noch
notdürftig an Harry fest, der einen Kopf kleiner als ich, verzweifelt
versuchte, mein Gewicht abzufangen. Armer Kerli! Wir schafften es nur noch ein
paar Meter weiter bis zu einer Ecke wo in einer Einfahrt einige
Pappkartons vor sich hin gammelten. Dort ließen wir uns nieder und
rollten uns in die Dinger ein, - sehr exklusiv, äußerst (un)bequem und
fast vergleichbar mit einem 5 Sterne Hotel, - fast. Aber
ich glaube, in dem Moment wäre uns alles recht gewesen, - einfach nur
hinlegen und wegtreten. Und Harry fing fast augenblicklich so
ungeheuerlich zu schnarchen an, dass man den Eindruck erhielt, der Gute
wolle einen ganzen Wald absäbeln. Leider war es genau das, was einige fürsorgliche
Ordnungshüter, sogenannte Bobbys auf uns aufmerksam machte. Fazit war, dass wir unsere
Pappkarton-Nachtstätte, unsanft geweckt, schon bald mit einer Suite
namens Ausnüchterungszelle auf dem nächsten Polizeirevier vertauschen
mussten. Am nächsten Mittag durften wir wieder auschecken und kamen dabei
mit einer Verwarnung noch relativ glimpflich davon.... Harry zuckte zum
Abschied die Schultern und meinte lapidar, mit dem Kopf auf eine
Schnapswerbung auf einer Litfasssäule nickend:
it’s only Rock’n’Roll, - ain’t it?!!!!!
Harry
James 2005 - aber ehrlich gestanden hat er sich seit damals nicht viel
verändert.....
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