Die Typen, die auf dem Hintergrundbild abgebildet sind - na klar - die Sex Pistols irgendwann in den 70er Jahren. Zu einer Zeit, als man den Namen Sid Vicious noch nicht kannte. Die Band wurde von Steve Jones, Paul Cook und Glen Matlock – (ganz links außen) gegründet. Sie hoben die Punk-Kultgruppe Nr.1 aus der Taufe. Zusammen mit John Lydon (alias Rotten) schrieben sie Songs wie ‚Anarchy In The UK’ und ‚God Save The Queen’ und gingen in die Punkhistory ein. Bis Glen Matlock 1977 auf Grund von schwerwiegenden Differenzen das Handtuch schmiss. Er ist es jedenfalls, der eine tragende Rolle in der folgenden Story spielt.
Begonnen haben die folgenden Begebenheiten allerdings bereits irgendwann in den 80er Jahren. Ich glaube es war 1986. Ein Zeitpunkt, wo die Sex Pistols dank Sid Vicious freiwilligem Abgangs oder auch aus anderen Gründen bereits auf Eis lagen. Und ich befand mich auf dem Weg von meiner Heimatstadt Innsbruck / Tirol nach Dortmund.
Aber ich hatte am zweiten Tag in Schafheim eine schicksalshafte Begegnung mit einem gewissen Ray, - Tourbusfahrer von Bad Company. Er war es auch, der mich und Brian Howe in der Nacht erst zum Hotel zurück fuhr in Frankfurt, und mich dann, nach einem ausgiebigen Abendessen zu dritt, noch zum Bahnhof chauffierte, damit ich meinen Zug um 1 Uhr 30 nachts nach München zurück bekam. Ray gab mir seine Telefonnummer und verabschiedete sich mit den Worten: „Hey Girl, - wenn du wieder mal nach London kommst, dann ruf mich an“. Da ich nach meinem ersten Londonaufenthalt 1981/82 jedes Jahr ein- bis zwei Mal in meine zweite Heimat flog, - nahm ich mir vor, - beim nächsten Mal wirklich durch zu klingeln. Ich wusste weder, wer er wirklich war, noch wie er mit Nachnamen hieß. Ich hatte, wie erwähnt, lediglich eine Londoner Telefonnummer. – Dann war ich erst einmal wieder zu Hause, schrieb einen ausführlichen Artikel über dieses Open Air. Und als kleinen Nachdruck, sah ich mir das Ganze auch noch ein drittes Mal an – diesmal in Oberösterreich, gar nicht allzu fern. Allerdings war bei jenem Event Ray nicht mehr mit dabei.
Es dauerte noch einmal fast ein Jahr bis ich wieder nach London
flog. Ich hatte Ray schon fast vergessen um ehrlich zu sein. Aber dann
zog ich letztendlich doch noch den zerknitterten Zettel aus meinem
Notizbuch, auf dem man die Nummer kaum noch lesen konnte, und rief ihn
an. „Hi Ray, -
it’s Eva from Austria. Remember me? – Ich war mir da gar
nicht so sicher. Aber er tat es, – behauptete er jedenfalls. Das er
daheim weilte, grenzte allein schon an ein Wunder. Denn normal
verbrachte Ray ca. 10 Monate on the Road mit irgendwelchen Rockbands. Es
war, wie soll man es nennen? – simpel – Glück. Bei Engländern weiß
man ja nie, woran man mit ihnen ist. Sie sind meist höflich (sofern sie
nicht besoffen sind und randalieren) und sie verziehen keine Miene. Sie
sagen zu allem ja und Amen um dich
hinter deinem Rücken als Arschloch zu bezeichnen. – Ehrlich
gestanden, ich war mir nicht sicher, ob Ray tatsächlich noch wusste, wer
ich war. – Aber egal, zumindest schlug er ein Treffen vor
und meinte ich solle doch nach Maida Vale kommen in ein
bestimmtes Pub, in dem er regelmäßig verkehre. – Wie das Pub hieß – ich weiß
es nicht mehr, kann mich aber auch heute noch sehr gut an die Innenräumlichkeiten
erinnern. Ich fuhr also nach Maida Vale, legte die 5 Minuten Fußweg von
der U-Bahnstation zu dem Pub zu Fuß zurück und betrat den Laden. –
Ray saß schon da, und – ein Typ, der mir auf den ersten Blick 1)
bekannt vorkam und 2) sehr sympathisch war. Ray begrüßte mich und
meinte: „schön, dass du gekommen bist. Darf ich dir Glen vorstellen,
- Glen Matlock?! Ich sah
Glen an und er grinste mich breit an mit jenem jungenhaften bengelhaften Smile, dass ich
von Anfang an so an ihm mochte .
„Kenne ich dich von irgendwoher?“, meinte ich. „Mir kommt vor, ich
habe dich schon irgendwo einmal gesehen.“ –
Und da war ich nun, - ohne
Money, mit viel Optimismus und dem Vorhaben – jeden Mittwoch Abend in
das Pub in Maida Vale zu schlendern um mich dort mit Glen zu treffen.
Mein Dasein im Londoner Musicbiz fing gerade erst an, und dieser
Kreisel, der alles in sich aufsaugte, hatte mich anfangs noch nicht
erfasst. Ich verbrachte sehr schöne Abende in jenem Pub – mit Glen...
wir verstanden uns – oft auch ohne Worte – einfach so. Und
irgendwann ging ich nach der Sperrstunde auch mit zu ihm nach Hause. Er
hatte eine kleine 2-Zimmer Wohnung
mit typischem Junggesellenflair, nicht wirklich schmutzig, aber
doch leicht schmuddelig. Glen trank meistens alkoholfreies Bier um nicht
wieder in seine Sucht zurück zu fallen. Er war stolz es geschafft zu
haben, sober zu sein. Er kokste nicht mal wie alle anderen. Nur ab und
zu war er einem Marihuana Joint nicht abgeneigt. Nein, Glen war sanft,
einfühlsam und sehr süß. Vom Punker keine Spur. – Die anderen
Mitglieder der Sex Pistols hatte ich in Zusammenhang mit Glen nie
getroffen, erst später dann bei anderen Gelegenheiten. –
Und irgendwann rief mich Ray an: „Hey, Baby, du musst zu mir kommen. Ich will dir jemanden vorstellen“, meinte er. – Aber ich hatte keine Lust. – Draußen herrschten absolut chaotische Zustände, die aus Regen, Nebel und Kälte bestanden. Nein, ich wohnte schließlich am anderen Ende der Stadt, und London war/ist groß, ich meine, wirklich groß. – Aber Ray ließ nicht locker. „du musst kommen, Darling.- Ich habe Besuch, der dir gefallen wird.“. – Glen? War Glen etwa zurück gekehrt von den Toten? – Nun, das wäre natürlich ein Grund hin zu fahren. Ich war hin- und her gerissen. Und Ray machte weiterhin ein Riesengeheimnis daraus. For fuck sake – ich hatte keine Lust mehr raus zu gehen. Aber ich wollte wissen, um wen Ray so einen Kult machte. – Glen, ja – es musste Glen sein. – Ich hatte ihn seit Ewigkeiten – so kam es mir jedenfalls vor – nicht mehr gesehen. Ich war ihm so nahe gestanden, und war doch jetzt so weit entfernt. – Okay, scheiß drauf... Ich holte meine Regenjacke und machte mich abends um 21 Uhr 30 noch auf die Socken um mit der Underground quer durch London zu Ray’s Flat zu fahren. – Ray besaß eine sogenannte Sutterain Flat – also im Untergeschoss oder einfacher ausgedrückt - es war ein Kellerloch, – dunkel, feucht, kalt und alles andere als gemütlich. Ich war nur ein einziges Mal vorher dort und hatte mich alles andere als wohl gefühlt. Kein Vergleich mit Glen’s kleiner gemütlichen Wohnung in der zweiten Etage eines Zweifamilien-Reihenhauses.
Da stand ich nun vor Ray’s Haus, bzw. Flat und betätigte den
altmodischen Türklopfer, weil die Glocke nicht funktionierte. Ray
öffnete auch fast
augenblicklich und sah mich mit triumphierenden Blick an. – „Du
wirst dich wundern, Baby, wen ich dir jetzt gleich vorstelle“,
posaunte er verheißungsvoll hinaus.- Nein, das konnte nicht Glen
sein. Den würde er mir nicht vorstellen.- Ich betrat das dunkle
Wohnzimmer und erstarrte fast augenblicklich zur Salzsäule. Das gab’s
doch nicht. – Ich träumte, oder hatte mich das Kokain so fertig
gemacht? Mitten im Raum saß ein Kerl breitbeinig am Boden, und in der
Mitte zwischen seinen Schenkeln befand sich eine riesige Ladung Koks. In der linken Hand eine Flasche echter
russischer Wodka, , bereits halb geleert... Er sah mich an und lallte:
„Hi mem, how are you“ – nahm einen großen Schluck aus der Bottle
und bedeutete mir mich neben ihn zu setzen. – Ich glaubte es immer
noch nicht. Da saß er, der Gitarrist der größten Rock’n’Roll Band
der Welt, einfach so und machte auf mich ehrlich gestanden eher den
Eindruck eines weltfremden Penners als der – one and only Keith
Richards von den Rolling Stones. – Jesus Maria und Joseph, - ich war noch
nie fromm gewesen. Aber das hier, -ich meine, diese Situation
wirkte so
unwirklich und grotesk, dass ich sie, obwohl ich mich mitten drin
befand, eigentlich nicht glauben wollte. – Ich träumte das. Da war
ich mir sicher. - Nein, ich
war wach, stellte ich im nächsten Moment wieder fest. Keith reichte mir die
Wodkaflasche und bedeutete mir zu trinken. In der Zwischenzeit
inhalierte er einige Bahnen Kokain. – Es gab in dem Moment nur eine
Frage, die mich beschäftigte: wie kam Keith Richards in Ray’s
Wohnung? – Ganz einfach. Ray hatte die Stones schon früher einmal
gefahren und kannte alle Pappenheimer. Und Ray
war immer an vorderster Front. – Ich sah Keith an, nahm ihm die
Flasche ab, um noch einen kräftigen Schluck zu tun . Den brauchte ich
jetzt wirklich. – Wahrscheinlich, um endlich den tatsächlichen
Unterschied zwischen wachen und träumen festzustellen.
Ich habe mir die Show angesehen, um aber dann noch vor dem Ende der
Zugabe das Gelände zu verlassen. – Es war das einzige Mal, dass ich
Glen in Verbindung mit den Sex Pistols gesehen und erlebt habe. Am nächsten
Tag läutete das Telefon...... |
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Mein Dank geht letztendlich an Ulrike. Ohne sie wäre ich nicht nach Paderborn und Schafheim/Babenhausen gefahren. Ich hätte Ray nie getroffen, geschweige denn Glen Matlock kennen gelernt, und wäre niemals Keith Richards begegnet ! |
Story & pics by ebl/musicmirror
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